Henrike Alm: Ein Schuljahr in den USA

Am 15. August 2013 fing mein großes Abenteuer an. Ich war während der E-Phase für 10 Monate im Ausland. Für mich hieß es dies ein Jahr USA, ein Jahr ans andere Ende der Welt. Das beste Jahr in meinem Leben hatte begonnen.

Meine neue Heimat war Traverse City in Michigan, eine wunderschöne, direkt am ’Lake Michigan’ gelegene Kleinstadt, die sehr schnell zu meinem zweiten Zuhause wurde.

 

Ein großer Teil meines Auslandsjahres war geprägt durch Sport. Sport wird in den USA wesentlich wichtiger genommen als in Deutschland. Es werden sehr viel mehr Sportarten in der Schule angeboten. 5 bis 6 Mal Training in der Woche und ein Wettkampf oder ein Spiel am Wochenende sind nicht unüblich.

Beim Sport bekommt man den ’School Spirit’, von dem alle reden und der noch viel größer und aufregender ist, als ich ihn mir vorgestellt habe, so richtig mit. Wenn ein Football-, Hockey-, oder Basketballspiel ansteht, fiebert die ganze Schule mit. Jeder Schüler und Lehrer hofft auf einen Sieg.

Ich habe mir aber nicht nur so viele Basketball- und Hockeyspiele angeschaut, wie ich konnte, sondern ich habe auch selbst erst Cross Country, dann Cross Country Skiing und im Frühling Track and Field gemacht.
Mit Cross Country habe ich das beste Team gehabt, was man sich nur wünschen kann!

Ich hätte mir nichts Schöneres vorstellen können und bin richtig froh, dass ich mich dazu entschlossen habe, in der Cross Country Mannschaft mitzumachen. Es war eine einmalige Erfahrung, die ich niemals vergessen werde. An Captain-Awards, Pasta-Parties und Busfahrten von bis zu 3 1/2 Stunden zu den Wettkämpfen, an denen manchmal mehr als  10 000 Läufer teilgenommen haben, werde ich mich immer erinnern.

Traverse City Central Girls Cross Country
Traverse City Central Girls Cross Country

Als die Herbstsaison und damit Cross Country aufgehört und die Wintersaison begonnen hat, habe ich mit Cross Country Skiing (Langlauf) angefangen.

Dass ich noch nie auf Langlaufskiern gestanden habe und an Wintern mit -27°C überhaupt nicht gewöhnt war, hat weder mich noch die Trainer davon abgehalten können mir beizubringen, wie man Langlauf läuft.

Das große Highlight der  Saison war, dass das State Championship bei uns in Traverse City stattgefand und wir, Traverse City Central Girls Nordic Ski Team, State Champion geworden sind.

Traverse City Central Girls Nordic Ski Team
Traverse City Central Girls Nordic Ski Team

Im Frühling habe ich dann mit Track and Field (Leichtathletik) angefangen. Eine weitere Sache, die ich auf keinen Fall vergessen werde, weil es dafür einfach viel zu viel Spaß gemacht hat.

Auch wenn Leichtathletik, wie Cross Country und Langlauf, ein Einzelsport ist, spürt man den Team und School Spirit hier auch so richtig. An Meet Days (Wettkampftagen) tragen wir unser Teamsweatshirt und jeder, Schüler, Lehrer und Eltern, wünscht uns viel Glück – Go Trojans!

 

Ein weiteres Highlight meines Auslandsjahres war definitiv meine Reise nach Hawaii. Meine Organisation bietet mehrere Reisen an und ich habe mich dazu entschlossen nach Hawaii zu fahren. Über Hawaii kann ich nur sagen: Es ist einfach wunderschön!

Wir hatten einen sehr guten Reiseführer und haben tolle Sachen gemacht. Schnorcheln im Hanauma Bay, Surfing Unterricht, Waikiki Beach und das Hard Rock Cafe standen auf unserem Programm. Nicht zu vergessen sind die Leute, die ich dort kennengelernt habe. Ich war total überrascht, wie schnell 30 Austauschschüler, die sich noch nie vorher gesehen haben, zu einer Gruppe zusammenwachsen. Am Ende der Reise waren wir eine richtige Ohana, wie die Hawaiianer sagen würden.

 

Während in Deutschland ein ungewöhnlich warmer Winter herrschte, hatten wir in Northern Michigan den kältesten Winter, der jemals dokumentiert wurde. Minus 27°C plus Wind-Kälte-Faktor. Bei uns war es kälter als in der Antarktis und kälter als auf dem Mars. So viel Schnee wie in diesem Jahr habe ich in meinem Leben noch nie gesehen und auch nie schippen müssen. Man konnte nicht aus dem Haus gehen, ohne mindestens 2 oder 3 Paar Hosen, ein superwarmes Sweatshirt, eine dicke Winterjacke, Winterstiefel, Mütze, Schal und 2 Paar Handschuhe anzuziehen. Und selbst dann noch hat die Kälte wehgetan. Nach ungefähr 10 Minuten fängt ein stechender Schmerz in den Beinen an und Hände, Füße und Gesicht fühlt man schon gar nicht mehr. An manchen Tagen wurde uns geraten, gar nicht erst aus dem Haus zu gehen.

Wegen der außergewöhnlichen Kälte ist „Lake Michigan“ zu 95% zugefroren und bei uns haben sich Eishöhlen auf dem See gebildet. Tausende Menschen von überall her sind gekommen, um dieses einmalige Ereignis mitzuerleben. Menschen, die seit 40 Jahren oder länger in Traverse City leben, haben so etwas noch nicht gesehen.

Natürlich sind auch meine Gastfamilie und ich zu den „Ice caves“ gegangen. Es war ein wunderschöner Tag und die Höhlen waren einfach nur atemberaubend.

Wenn die Temperaturen dann mal etwas menschlicher waren, habe ich jede Gelegenheit zum Skifahren genutzt. Ob Langlauf oder Abfahrt-Ski, das hat keinen Unterschied gemacht. Außerdem sind wir regelmäßig Schlittschuhlaufen und ab und zu „Tubing“ gegangen. Ich bin sehr froh, dass ich in diesem Jahr so einen Winter erleben konnte.

Während meines Auslandsjahres musste ich mit vielen Vorurteilen kämpfen: Wir Deutschen sind angeblich immer wütend und schreien uns an, sind die ganze Zeit betrunken und haben keinen Humor etc.

 

Aber das Schlimmste von allem war, dass ich die Amerikaner nicht von ihrem Vorurteil abbringen konnte, dass wir in Deutschland alle  David Hasselhoff lieben. Mein Dank geht an meine Sportlehrer, die jede Gelegenheit genutzt haben, mich damit zu ärgern; ich war nicht nur „Miss Germany“, sondern auch „the girl who loves David Hasselhoff“. Auch wenn ich es nicht wahrhaben will, ist David Hasselhoff zu einem Symbol für mein Auslandsjahr geworden und wird es wahrscheinlich auch immer bleiben.

 

 

 

Mein Auslandsjahr wäre auf keinen Fall so schön und unvergesslich geworden, wäre meine Gastfamilie, die aus einer Gastmutter und einer Gastschwester besteht, nicht gewesen. Beide sind mir sofort richtig ans Herz gewachsen und vor allem mit meiner Gastschwester habe ich mich von Anfang an sehr gut verstanden. Mit ihnen habe ich unzählige wunderschöne Sachen erlebt und ich bin ihnen unendlich dankbar, dass sie mich aufgenommen und somit mein  Auslandsjahr, meinen “American Dream“, möglich gemacht haben.

Meine Gastmutter Jodi und meine Gastschwester Aili an meiner „Graduation“
Meine Gastmutter Jodi und meine Gastschwester Aili an meiner „Graduation“

Alles in allem kann ich nur sagen, dass mein Auslandsjahr das beste Jahr in meinem Leben war. Ich bereue es nicht, für ein Jahr in die USA gegangen zu sein und etwas total Neues und Unbekanntes erlebt zu haben. Ich habe so viele schöne Erinnerungen, die ich wieder mit zurück nach Deutschland nehme, dass ich sie gar nicht alle aufzählen kann. Ich habe dort Freunde, eine zweite Familie und ein zweites Zuhause gefunden.

Ich kann jedem nur raten für ein Jahr ins Ausland zu gehen. Man wächst über sich hinaus – nicht nur einmal – und lernt viel über sein Gastland, sein Heimatland und über sich selbst. Man sieht die Welt mit anderen Augen und ist wesentlich offener für Neues.

Für ein Jahr ins Ausland zu gehen, war definitiv die beste Entscheidung meines Lebens.

„Exchange isn’t a year in your life, it’s a life in a year.“

 

Henrike Alm